Luxus für alle? Nein, danke!
Der Kampf gegen Duft-Dupes ist für Nobilis-Chef Udo Heuser mehr als ein juristisches Thema – es geht um den Schutz von Kreativität, Markenwert und Arbeitsplätzen.
Kopiert, kassiert, verklagt – im Gespräch erklärt Udo Heuser, warum der Markt für Duftkopien boomt, wo die rechtlichen Grenzen liegen und wie ein wegweisendes Urteil den Handel mit Nachahmungen verändern könnte – ein Thema, das längst nicht nur die Luxusbranche betrifft.
Herr Heuser, Sie haben gegen Duft-Dupes eine gerichtliche Verfügung erwirkt – was war der konkrete Anlass dafür?
Wir sind regelmäßig gegen Hersteller von Duft-Dupes aktiv, weil sie gezielt vom Image der Originalmarken profitieren wollen. Im Fall Eclat ging es darum, dass der Vergleich mit Originaldüften bewusst in Kundenbewertungen versteckt wurde, um so die Verantwortung abzugeben. Diese Strategie ist gescheitert: Das Gericht hat klar entschieden, dass auch solche indirekten Vergleiche unzulässig sind.
Wie groß schätzen Sie das wirtschaftliche Ausmaß des Dupe-Markts für Premium-Düfte?
Der Schaden durch Dupes liegt allein in Deutschland bei mindestens 200 Millionen Euro und wächst weiter stark. In einigen Bereichen machen Nachahmungen bereits deutlich über 10 Prozent des Umsatzes aus. Das ist keine Randerscheinung mehr, sondern ein systematisches Problem mit massiven Auswirkungen auf unsere Branche.
Wann wird ein Dupe rechtlich problematisch? Wo liegt die Grenze zwischen „Inspiration“ und Markenrechtsverletzung?
Rechtlich problematisch wird es immer dann, wenn ein Dupe durch Namen, Verpackung oder Werbeaussagen eine Verbindung zum Original herstellt, etwa durch direkte Vergleiche oder Ähnlichkeiten. Dann liegt eine Verletzung von Marken- oder Wettbewerbsrecht vor. Inspiration endet dort, wo bewusst vom Image und dem langjährigen Markenaufbau der Originalmarke profitiert wird.
Gibt es einen Unterschied in der rechtlichen Bewertung von Verpackung, Namen und Duftformulierung?
Ja, klare Unterschiede: Der Duft selbst ist aktuell nicht schutzfähig – was es Nachahmern leicht macht. Doch sobald Verpackung, Name oder Vermarktung gezielt an das Original erinnern oder dieses erwähnen, etwa durch Aussagen wie „riecht wie“, greift das Marken- und Wettbewerbsrecht. Und hier setzen wir konsequent an. Aktuell bin ich persönlich mit politischen Entscheidungsträgern auf Bundesebene und auch im Europaparlament in Kontakt, um ein entsprechendes Schutzverfahren in Gang zu setzen.
Wie schwer ist es, die Duftformel selbst als geistiges Eigentum zu schützen?
Leider ist das derzeit nicht möglich. Der Duft an sich gilt rechtlich nicht als schützbar. Das ist ein strukturelles Problem, das dringend angegangen werden muss. Wenn man Musikkompositionen schützen kann, warum sollte Gleiches nicht für Duftkompositionen gelten?
Was sagen Sie zur häufig geäußerten Meinung, dass Dupes lediglich einen „Luxus für alle“ darstellen?
Das klingt sympathisch, ist aber eine gefährliche Falschdarstellung. Hinter jedem Originalduft steckt jahrelange Entwicklungsarbeit, Kreativität und Markenaufbau. Dupes übernehmen all das ohne eigenen Beitrag. Das hat mit Demokratisierung nichts zu tun, sondern ist schlicht Diebstahl geistigen Eigentums.
Welche Auswirkungen haben diese Nachahmungen auf das Image und die Exklusivität etablierter Marken?
Dupes schwächen Marken auf mehreren Ebenen: Sie nehmen ihnen ihre Exklusivität, verwässern ihre Identität und zerstören das Vertrauen der Verbraucher. Wenn ein hochwertiger Duft plötzlich als Billigkopie auftaucht, verliert er seinen emotionalen Wert, das trifft am Ende die gesamte Branche ins Mark.
Glauben Sie, dass Konsumenten sich der rechtlichen Grauzone von Dupes überhaupt bewusst sind?
In den meisten Fällen nicht. Viele sehen nur den günstigen Preis, ohne die Hintergründe zu kennen. Dabei beruhen viele Dupe-Strategien auf bewusster Irreführung, etwa durch gefälschte Bewertungen oder die suggestive Sprache in Online-Shops. Der Bundesgerichtshof hat hierzu endlich klare Grenzen gezogen: Wer täuscht, haftet.
Wie genau lief das Verfahren ab, das zur Verfügung gegen die Dupe-Marken geführt hat?
Im Kern ging es darum, dass Eclat den Vergleich mit Originaldüften in die Kundenbewertungen verlagerte, in der Hoffnung, nicht verantwortlich gemacht zu werden. Das Berliner Kammergericht sah das anders: Wer solche Inhalte auf seiner Plattform darstellt, haftet auch dafür. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung, eine Revision wurde nicht zugelassen. Das Gesamtverfahren hat mehr als 6 Jahre gedauert und hohe Kosten verursacht. Am Ende haftet Eclat auch dafür.
Gab es bereits Konsequenzen für die betroffenen Unternehmen oder Influencer, die Dupes bewerben?
Ja, durchaus. Unternehmen wurden zur Unterlassung verpflichtet, mussten Strafen zahlen und die
Rechtsverfolgungskosten tragen. Auch Influencer, die Dupes bewerben, geraten zunehmend in unser Visier, von gelöschten Postings bis hin zur Abgabe von Unterlassungserklärungen oder zur Sperrung ganzer Accounts.
Welche Präzedenzwirkung erhoffen Sie sich von diesem juristischen Schritt?
Eine weitreichende. Viele Anbieter verzichten inzwischen auf Formulierungen wie „riecht wie“ oder auf an Originale angelehnte Namen. Auch die Platzierung von Vergleichen in Bewertungen geht deutlich zurück. Das Urteil setzt ein klares Signal: Wer mit Originalen wirbt, direkt oder indirekt, begeht einen Rechtsverstoß. Wir werden hart und unnachgiebig jedem einzelnen Fall nachgehen.
Was muss Ihrer Meinung nach passieren, damit die Branche besser gegen Markenpiraterie geschützt ist?
Zum einen braucht es endlich mehr Verantwortung bei Plattformbetreibern wie Shopify und anderen. Über 80 Prozent der uns bekannten Dupe-Shops laufen dort. Bisher fehlt dort häufig die Kooperationsbereitschaft. Zum anderen braucht es mehr Aufklärung: Viele kleinere Händler oder Influencer glauben, sie agieren in einer Grauzone. Doch diese Ausrede gilt nicht mehr.
Welche Rolle spielt Aufklärung bei Endkunden in diesem Prozess?
Eine zentrale. Die Branche muss wieder stärker vermitteln, warum ein Originalduft mehr ist als nur ein schöner Geruch. Er steht für Kreativität, Qualität, Identität und für die Menschen, die dahinterstehen. Wenn wir das nicht deutlich machen, verlieren wir den kulturellen Wert unserer Produkte.
Wie positionieren Sie die Marken der NOBILIS GROUP künftig im Kontext dieses „Dupe-Booms“? Gibt es neue Strategien?
Unsere Strategie ist klar: Null Toleranz gegenüber Markenpiraterie. Wir schützen unsere Marken konsequent, juristisch und kommunikativ. Über 100 Verfahren laufen aktuell. Wir haben vor dem Bundesgerichtshof gewonnen und wir werden weitergehen. Wer unsere Marken angreift, greift unsere Werte und Arbeitsplätze an. Deshalb fordern wir alle Partner auf, Haltung zu zeigen. Jetzt ist der Moment, Farbe zu bekennen, für Originalität, für Fairness und für den Schutz kreativer Arbeit.